Ewige Zeit ist es fast schon her, dass ich die Beschreibung im SAC-Führer auf die leichte Schulter nahm: “Der markante Bristen Südgrat: Eine schöne Klettertour, die mit zugänglichen Schwierigkeiten und moderater Länge ein attraktives Ziel für etwas Geübtere bietet.” Ich mag mich fast gar nicht mehr daran erinnern, und seither hat sich nie mehr die Gelegenheit geboten. Endlich ist es nun aber soweit! Bei den heissen Temperaturen wollen wir der Hitze entfliehen, aber vor Hochtouren halte ich dieses Jahr gerne Abstand. Sowohl im Felli- als auch im Etzlital erwarte ich kühle Temperaturen, und die Nacht im Bristenseehüttli wird ebenfalls angenehm — besonders nach einem erfrischenden Bad nach der Tour!
Es handelt sich um eine tolle, einsame Bergtour auf den majestätisch über dem unteren Reusstal thronenden Bristen. An- und Abreise sind perfekt an den öV angebunden — schliesslich sind wir ja in der Schweiz. Der Aufstieg durchs raue Fellital zur Etzlihütte ist lieblich und abwechslungsreich. Zur Pörtlilücke geht es steil hoch, danach gemütlich über mehrheitlich flaches Gletscherschliffgelände zum Pörtlizwächten hoch. Danach setzt die Gratüberschreitung an, und es ist fertig mit lustig. Steile Flanken, viel Schotter, spitze Nadeln und — im oberen Teil — scharfer verwitterter Erstfelder Gneiss bereiten eine grossartige Kulisse für das Unternehmen.
- Die Etzlihütte wird mit sehr viel Engagement bewartet, und es ist einem trotz Vollbelegung sofort wohl. Kompliment an Franziska & Co.!
- Der Aufstieg ins Pörtli wurde im oberen Teil neu angelegt und vermeidet jetzt die Stauden, indem er nördlich des Pörtlibachs durchführt.
- Es war zu erwarten, dass nach einem Gewitterabend die Hostenstösse vom hohen Gras durchnässt sein würden; Schuhen mit Goretex-Membran würde das jedoch nichts anhaben können, oder? Weit gefehlt, auswringen konnte ich die Socken!
- Der Grat ist ziemlich wild, vor allem zum Anschauen. Es gilt das Prinzip des Scheinriesens: Je näher man kommt, desto mehr zeigen sich die Schwierigkeiten in vernünftiger Grösse.
- Bestes Beispiel ist das Chlüserwändli. Von weitem flösst es einem fast Furcht ein; die Kletterei verläuft dann aber an ziemlich solidem Fels und ist nicht schwierig. Zudem ist die Kletterei mittlerweile mit Bohrhaken abgesichert (30 Meter Seil plus drei Zwischensicherungen).
- Nach dem “Chlüserstock” ist der Gipfel noch ein Stück weit entfernt. Erfahrung im alpinen Gelände ist notwendig, besonders wenn am Seil gegangen wird, was sehr gut möglich ist.
- Die letzte “Boulder-Stelle” knapp vor dem Hauptgipfel ist viel einfacher, als sie auf den ersten Blick aussieht.
- Nach dem Abstieg über den NE-Grats lockt ein Bad im Bristenseeli, bevor man sich im Hüttli einnistet und das Flüssigkeitsangebot geniesst. Vielen Dank an Werner Jauch, dass er diese Möglichkeit zur Verfügung stellt!
- Der Sonnenuntergang war phantastisch schön. Unten die Bilder ohne weiteren Kommentar.
- Nach dem langen Abstieg ins Maderanertal lockte der Golzerensee mehr als die Affenhitze im Reusstal, und so genossen wir ein nächstes Bad und liessen es uns wohl sein.
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