2020-11-07 Pilatuskette

Hoch und nie wieder runter! Ist einmal der Pilatus Kulm erreicht, geht es endlos hinüber zu Tomlishorn, Widderfeld, Mittaggüpfi und bis zum Risetestock, bevor man nach Gfellen absteigt. Mit dem Abstieg nach Klimsen lässt sich der Alte Tomliweg einbauen, und selbstverständlich lässt sich das Widderfeld von Süden her über das Stollenloch erreichen. Das ganze zieht sich über rund 20km und weit über 3’000Hm hoch und 600 weniger hinunter. Belaufbarkeit bis zum Widderfeld interessantes B2, von dort durchgehend flüssiges B1. Ein einziger, langwährender Hochgenuss im Spätherbst, auf dem kein Meter eintönig ist. Eine der ganz grossen Trailtouren um den Vierwaldstättersee!

Am frühen Morgen steige ich in Stansstad aus dem ersten Zug und trotte über die Achereggbrücke. Wie oft bin ich schon auf der Autobahn darüber gefahren und habe vor der Einfahrt in den Loppertunnel zum Kapellchen auf der steilen Wiesenhang empor geschaut! Endlich werde ich heute einmal dort vorbeigehen! Steil ist gleich richtige das Stichwort, denn wenn der Weg nicht gerade kurz hinüber zur nächsten Flanke verläuft, geht es 400Hm ziemlich unerbittlich hoch zum Lopper. Von dort führt eine lange Traverse entlang der Gratkante im lichten Wald zum 100Hm höher gelegenen Haslihorn. Der Abstieg dahinter ist recht räss, und es sind sogar einige Fixseile zwischen Bäumen gespannt. Dank der trockenen Witterung benötige ich sie jedoch nicht.

Einen Kilometer weiter gelangt man zum Renggpass und folgt dem gut unterhaltenen Weg zur Tellenfadlücke. Ich erinnere mich nicht mehr genau, auf welchem Weg ich ich das Windegg erreicht habe. Sicher führt der Weg horizontal durch den Steigliwald, und kurz vor dem Stäfeli bei Ober Steigli kann man scharf nach rechts abzweigen und über ein sehr steiles Wiesenbord hochsteigen. Mir scheint es jedoch ebenso plausibel, auf den Umweg zu verzichten und stets dem Grat zu folgen. Wie gesagt, kann ich jedoch nicht mehr sagen, ob ich dort wirklich durch bin. Auf alle Fälle ist ab dort ist definitiv fertig mit horizontal. Der Gratweg bietet bis unters Steiglihorn herrliche Tiefblicke zu beiden Seiten. Dort schlängelt sich der Aufstieg durch die Ostflanke zum Rosenhorn hoch, von wo man zum Gipfelaufbau des Esels hinüber blickt. Über alpinen Rasen gelangt man zu dessen Fuss, von wo ein zunehmend steiler Pfad über den wenig ausgeprägten Ostgrat direkt auf den Gipfel führt. Im unteren Teil kraxelt man an Installation von Schweizer Telekom und/oder Militär vorbei, und nur recht weit oben gibt es einen etwas ausgesetzten Spreizschritt zu überwinden.

Am späten Vormittag schwinge ich mich über die Brüstung der Aussichtsplattform und würdige kurz das Panorama. Noch mehr interessiert mich jedoch die Aussicht auf eine Zwischenverpflegung im Saal des ehrwürdigen Restaurants Pilatus Kulm. In gediegener Atmosphäre stärke ich mich und trabe danach wieder los. Kurz aufs Oberhaupt hinauf, und zwischen Touristengruppe in den steilen Chriesiloch-Stollen hinab auf die Nordseite. Recht überraschend steht man unten in einer Geröllflanke, durch die man zügig hinuntersurft. Dabei muss man allerdings auf die entgegenkommenden Massen achtgeben, die sich hoch mühen, denn an einem sonnigen Samstag im güldenen Spätherbst sind viele Wanderer unterwegs. Entsprechend ist die Klimsenkapelle zu dieser Tageszeit gut besucht, und ich bin froh, dass nur die wenigsten den kurzen Aufstieg aufs Klimsenhorn unter die Füsse nehmen.

Hinüber zum Chastelendossen zieht sich der Weg durchs Geröll, das zunehmend vermoost ist, je näher man dem mächtigen Felsriff kommt. An dessem Fuss plätschert ein kleiner Brunnen und spendet nochmals eine kühle Erfrischung. Nach einem kurzen Abstecher auf den Gipfel, steige ich auf dem zunehmend schmaler werdenden Pfad zur abweisenden Nordwand des Tomlishorn hoch. Nur leicht ansteigend folgt der Alte Tomliweg einem Band entlang einer geologischen Falte quer durch die ganze Flanke. Der Weg ist gut begehbar, nur eine Passage ist mit Altschnee gefüllt, lässt sich jedoch in der Randkluft gut überwinden.

Alsbald erreiche ich die sonnige Südwestflanke und steige kurz auf den Gipfel des Tomlishorn hoch, bevor ich der Gratkante entlang zum Gemsmättli düse, wo der Bug des Widderfelds steil emporragt. Anstatt nach Norden wende ich mich diesmal gegen Süden und steige in auch wieder entlang einer geologischen Falte in der Balm unterhalb der kompakten Ostwand ab. Höhepunkt dieses Abstiegs sind zu einen die beiden exponierte Felsbögen, die man überschreitet, und zum anderen der geheime Stollen, der im Erdinnern in die Südflanke leitet. Dort betritt man wieder eine andere Landschaft mit kargerem Bewuchs zwischen Felsbändern. Der Aufstieg aufs Gipfel ist einfach und bei den herrschenden Verhältnissen nichts anderes als eine Pracht.

Ab dem Widderfeld sind die technischen Herausforderung vorüber, und es geht nur noch an die Kondition. Der Weg hinüber zum Mittaggüpfi bietet perfektes Trailvergnügen durch nordisch angehauchte Hochmoor- und Latschenumvegetation, gibt allerdings auch wieder 300Hm Ab- und 200Hm Aufstieg. Ähnlich geht es zur Stäfeliflue hinüber, jedoch wartet bei der Tripolihütte eine freudige Überraschung in Form eines Getränkeausschanks. Ich labe mich an Cola und Wasser, bevor ich den langen Abschluss des Nachmittags unter die Füsse nehme. Nochmals 150Hm hoch und fast gleich viele wieder hinunter zum Blaue Tosse, nordseitig auf den Risetestock und dem Grat entlang wieder zurück, bevor der Abstieg nach Mittlist Hütte und Gfellen beginnt. Selbst der Weg durch den Wald und über die Weiden bietet noch anregendes Laufgelände.


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